«Wir sind sehr aktiv unterwegs»

Der Obligationenfonds des HBL Asset Managements hat im Ranking 2023 der «Finanz und Wirtschaft» am besten abgeschnitten. Der Start im Sommer 2018 war aber alles andere als optimal. Die Fondsmanager Reto Huenerwadel und Holger Seger setzten von Anfang an auf einen aktiven Managementansatz.

3. April 2024

Reto Huenerwadel und Holger Seger, Co-Manager beim Anlagefonds «Obligationen Schweiz Unternehmensanleihen» des HBL Asset Managements. (Bild: David Scheppus)

Reto Huenerwadel und Holger Seger, Co-Manager beim Anlagefonds «Obligationen Schweiz Unternehmensanleihen» des HBL Asset Managements. (Bild: David Scheppus)

Frage: Euer Anlagefonds «Obligationen Schweiz: Unternehmensanleihen» ist im Ranking der «Finanz und Wirtschaft» vor kurzem auf dem ersten Rang gelandet. Was bedeutet das für Euch?

Reto Huenerwadel*: Das freut uns natürlich riesig, umso mehr als es die erste derartige Auszeichnung für ein Anlageprodukt des HBL Asset Managements ist. Es ist eine Bestätigung, dass wir mit unseren Überzeugungen im Bereich der Obligationenanlage auf dem richtigen Weg sind. Dies ist umso bedeutender, als wir mit dem Fonds eigentlich zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt gestartet sind.

Wieso ungünstig?

Reto Huenerwadel: Im Sommer 2018 war die Schweiz fest im Griff des Negativzins-Regimes der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Mit Obligationen hatte man keinen leichten Stand. Die meisten warfen eine negative Rendite ab. Es gab Zeiten, da rentierten 80 oder 90 Prozent der in der Schweiz emittierten Obligationen negativ…

…auch Unternehmensanleihen?

Reto Huenerwadel: Ja, auch die meisten Unternehmensanleihen. Der Startzeitpunkt war also für den Fonds denkbar ungünstig. Technisch gesprochen hatten wir damals auch eine asymmetrische Verteilung der Renditeerwartungen. Das heisst, es war viel wahrscheinlicher, dass wir mit dem Fonds in eine Zeit mit steigenden Zinsen kommen werden, als dass das Zinsniveau weiter sinken würde.

Wieso sind steigende Zinsen schlecht für Obligationenanlagen?

Reto Huenerwadel: Steigende Zinsen haben einen negativen Effekt auf die Bewertung von Obligationenanlagen. Zum einen führt jeder Zinsanstieg zu tieferen Preisen für Obligationen. Zum anderen führen die gestiegenen Finanzierungskosten in der Regel zu einem höheren Aufschlag in der Prämie für Bonitäts- oder Ausfallrisiko.

Wie gelang es Euch, trotzdem eine positive Rendite zu erzielen?

Reto Huenerwadel: Das Umfeld mit Obligationen, die mehrheitlich negativ rentierten, zwang uns zu einem aktiven Managementansatz. Wir sind denn auch sehr aktiv unterwegs. Wir haben vielleicht 150 bis 200 Transaktionen pro Jahr. Aber diese Anlagephilosophie verfolgen wir unabhängig vom jeweiligen Zinsniveau.

Holger Seger**: Als institutioneller Anleger müssen wir keine Stempelsteuer zahlen und können ziemlich hart kalkulieren. Wir gehen auch mal einen Trade ein, der uns lediglich ein paar Basispunkte bringt. Private Anleger können diese Strategie nicht einfach nachbauen, weil ihnen die Stempelsteuer einen Strich durch die Rechnung machen würde. Zudem ist eine ständige Beobachtung der Märkte und die Teilnahme an Neu­emissionen unerlässlich. Wir profitieren auch von Angeboten von Brokern und Markteilnehmern, die in der Regel deutlich tiefere Brief-Geld-Preisspannen haben als die Börse – vor allem bei wenig liquiden Titeln.

Grafik Obliagtionenfonds HBLAM Vs Benschmark

Wertentwicklung des Obligationenfonds des HBL Asset Managements (Retail-Tranche P): Nach dem markanten Kursverlust von 2022 erzielte der Fonds 2023 eine sehr gute Performance.

«Buy and Hold», Kaufen bei Emission und Halten bis Verfall mit Abschöpfung des jährlichen Zinscoupons, ist also nicht Euer Ding?

Holger Seger: Nein. Coupons sind für unser aktives Titelmanagement eigentlich irrelevant.

Reto Hunerwadel: Wobei man schon auch sagen muss, dass das aktuelle Umfeld mit positiven Leitzinsen einen positiven Einfluss auf unser Geschäft hat, weil Bonds auch unabhängig von ausserordentlicher Kursentwicklung bei spezifischen Obligationen bereits eine positive Rendite abwerfen.

Wie hoch war der Renditebeitrag der Couponzahlungen im Jahr 2023?

Reto Huenerwadel: Das waren vielleicht 100 oder 150 Basispunkte, also 1 oder 1,5 Prozentpunkte. Das heisst, von der Rendite in der Höhe von 7,2 Prozent im «Finanz und Wirtschaft»-Ranking gehen 1 bis 1,5 Prozent auf Couponzahlungen zurück. Der Rest ist dem aktiven Management zuzuschreiben.

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Die 7,2 Prozent kommen per Ende November 2023 zustande (siehe Tabelle unten). Per Ende Dezember betrug die Jahresrendite 9,1 Prozent. Für Obligationenanlagen ist das viel. Habt ihr von einer Marktanomalie profitiert?

Holger Seger: 2023 war ein spezielles Jahr. 2021 und 2022 hatten wir infolge der Zinswende stark steigende Zinsen. In der zweiten Jahreshälfte 2023 sind die Obligationenrenditen wieder leicht zurückgekommen. Das ging mit einer grundsätzlich positiven Wertentwicklung von Obligationen einher. Zudem konnten wir von Einzelsituationen profitieren. Aktuell sind wir in ruhigeren Gewässern unterwegs.

Reto Huenerwadel: Eine Rendite von 9 Prozent freut uns natürlich sehr. Aber das ist ausserordentlich hoch, was auch damit zu tun hat, dass wir 2022 einen noch stärkeren Rückgang hinnehmen mussten. Aber man sollte nicht auf Jahresbasis in solche Produkte investieren. Wir verfolgen eine langfristig ausgerichtete Anlagestrategie und insgesamt ist es das Ziel, mit dem aktiven Ansatz den Vergleichsindex zu schlagen.

Zitat Holger Seger

Was ist auf lange Sicht zu erwarten?

Reto Huenerwadel: Wir können keine Renditeversprechen abgeben. Aber langjährige Statistiken legen nahe, dass man 3 bis 4 Prozent mit Firmenanleihen erwarten kann.

Investiert der Fonds ausschliesslich in Obligationen von Schweizer Firmen?

Reto Huenerwadel: In erster Linie in Anleihen von Unternehmen, ja, aber nicht nur von Schweizer Firmen, sondern auch von ausländischen Unternehmen, die in der Schweiz in Franken denominierte Obligationen herausgeben. Grob gesagt sind 65 Prozent der Anleihen von Schweizer Firmen und 35 Prozent von ausländischen Unternehmen.

Holger Seger: Aktuell befinden sich in den zehn grössten Positionen des Fonds der französische Energiekonzern Engie SA, die US-Technologiefirma Thermo Fisher Scientific und das chilenische Bankhaus Banco Santander Chile. Der Rest sind Schweizer Firmen, beim Versicherer Swiss Life und Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli haben wir aktuell das grösste Exposure.

Bei der Wertentwicklung in den letzten Jahren fällt auf, dass der Fonds im Vergleich zur Benchmark eine höhere Volatilität hat. Wieso?

Holger Seger: Der Swiss Bond Index AAA-BBB (SBI) ist unser Benchmark. Darin enthalten sind ausschliesslich Investment-Grade-Anleihen mit einem Bonitätsrating von mindestens BBB. Der Fonds investiert punktuell auch in Obligationen von Firmen mit einem Rating BB oder B, was man als Sub-Investment-Grade-Anleihen bezeichnet, die im Wert stärker schwanken können. Deshalb haben wir mitunter eine höhere Volatilität als der Vergleichsindex. Das Durchschnittsrating liegt aber immer im qualitativ guten Investment-Grade-Bereich. Unser Fonds ist zudem konform mit der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV2). Er enthält also keine Hebelrisiken und kann somit auch bei Pensionskassen eingesetzt werden.

Sind Sub-Investment-Grade-Anleihen nicht risikoreich?

Reto Huenerwadel: Sie sind risikoreicher als Investment-Grade-Anleihen. Aber wir achten darauf, dass wir nur in Titel von Firmen investieren, von denen wir überzeugt sind, dass es aufgrund der Aktionärsstruktur und Unternehmenssituation nicht zu einem Zahlungsausfall kommen wird.

Zitat Reto Huenerwadel (1)

Mit einem Vermögen von rund 130 Millionen Franken per Ende Februar 2024 ist der Fonds eher klein. Ist das ein Nachteil?

Holger Seger: Nein. Grössere Fonds müssen auch grössere Beträge investieren. Der Markt für Firmenanleihen ist aber eher begrenzt, weshalb wir als kleinerer Player mehr Möglichkeiten haben, wenn es darum geht, von speziellen Situationen profitieren zu können. Die Effekte sind aufgrund der Grösse schneller im Gesamtergebnis zu spüren als bei grossen Fonds. Bei einer Fonds-Summe von 130 Millionen Franken haben wir aber noch mehr als genügend Raum, wachsen zu können. So schnell gehen uns die Anlagemöglichkeiten nicht aus.

Wie wichtig ist die Sektorengewichtung?

Reto Huenerwadel: Sehr wichtig. Unsere Überzeugung ist, dass wir bei Unternehmen mit kleinen Bilanzen mit einer geringen Fremdfinanzierung investiert sind. Diese sind üblicherweise im produzierenden Gewerbe tätig. Das Exposure gegenüber Banken mit hoher Fremdfinanzierung, insbesondere Grossbanken, versuchen wir so tief wie möglich zu halten. Das gelingt uns oft, aber man darf nicht vergessen, dass die grössten Obligationenemittenten Banken sind.

Sind deshalb Banken im Fonds am stärksten gewichtet?

Holger Seger: Ja, aber wir sind im Bankenexposure deutlich tiefer als der Vergleichsindex. Wir streben einen Anteil von maximal 20 Prozent an. Banken sind aber oft die aktivsten Bondemittenten und zahlen auch eine anständige Rendite. Auch der Cash-Bestand des Fonds, der nicht in Anleihen investiert ist, zählt zum Bankenexposure, weil das Geld auf Bankkonten lagert.

Frankenobligationen-Fonds im Vergleich

Frankenobligationen-Fonds im Vergleich (Renditen in Prozent): Der Obligationenfonds des HBL Asset Managements mit Schweizer Firmenanleihen hat im Jahr 2023 die beste Performance innerhalb der Vergleichsgruppe erzielt. (Quelle: «Finanz und Wirtschaft Fonds ‘24» vom 20.01.2024/LSEG Lipper per 30. November 2023 in Franken)

Zurück zum grossen Ganzen: Derzeit scheint eine Zeit mit sinkenden Zinsen bevorzustehen. Wenn Zinsen sinken, steigen die Kurse von Obligationen. Sollte man jetzt also in Obligationenanlagen investieren?

Reto Huenerwadel: Wir glauben nicht, dass Zinssenkungen 2024 die grossen Performancetreiber sein werden.

Holger Seger: Wir glauben, der Höhepunkt bei den Leitzinsen ist erreicht. Die Inflation hat sich normalisiert. Der nächste Zinszyklus wird moderater ausfallen als die letzten Zyklen. Dementsprechend haben wir jetzt gute Rahmenbedingungen für Obligationenanlagen. Sie können wieder als Risikoanker in einem Portfolio eingesetzt werden.

Als Risikoanker?

Holger Seger: Obligationen schwanken im Schnitt weniger stark im Wert als Aktien. Deshalb kann mit der Beimischung von Obligationen das Risiko eines Aktienportfolios optimiert werden. Ja nach Risikoneigung der Anlegerinnen oder Anleger kann die Obligationen-Beimischung 25 bis 75 Prozent betragen. In den letzten Jahren hat sich der Ankereffekt aufgrund des ausserordentlichen Zinsumfelds sehr schwach oder gar nicht eingestellt. Nun hat sich das Umfeld wieder normalisiert und der Effekt kann wieder stärker zum Tragen kommen.

Welches waren im vergangenen Jahr Eure Lieblingsanleihen?

Holger Seger: Ich mag Anleihen von Emittenten, die das erste Mal überhaupt am Schweizer Markt aktiv werden. Zum Beispiel Barry Callebaut. Der Kakaoverarbeiter ist im Frühjahr 2024 mit einer Anleihe an den Markt gekommen, die wir auch gekauft haben.

Reto Huenerwadel: Mir gefallen Anleihen von Unternehmen, die an sich solide aufgestellt sind, die aber wegen besonderer Konstellationen vorübergehend vom Markt abgestraft werden. Im letzten Jahr war das etwa bei Autoneum der Fall. Wir glaubten unter anderem wegen der Besitzerstruktur nicht daran, dass es zu einem Zahlungsausfall kommen würde. Das Engagement hat sich dann auch ausbezahlt.

 

* Reto Huenerwadel ist Leiter des HBL Asset Managements und Co-Manager beim Anlagefonds «Obligationen Schweiz: Unternehmensanleihen».

** Holger Seger ist Senior Investment Manager beim HBL Asset Management und Co-Manager beim Anlagefonds «Obligationen Schweiz: Unternehmensanleihen».

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