Mythos Flash-Crash

In jüngster Zeit kam es vermehrt zu markanten Kursbewegungen im Devisenhandel. Flash-Crashs entfalten aber fast nie eine nachhaltige Wirkung.

14. Februar 2019

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Es geschah in der Nacht auf Montag: Der Franken rasselte im dünnen Tokioer Späthandel gegenüber dem Dollar und Euro urplötzlich in den Keller. Beinahe 100 Pips – ein Pip entspricht einem Punkt an der vierten Nachkommastelle – gab der Franken nach. Respektive sprang der Dollarkurs in die Höhe, von 1.0004 auf 1.0096 Franken. Das entspricht im Devisenhandel einem kleinen Erdbeben – einem Crash. Und weil alles in Sekundenschnelle ablief, sprach man von einem Flash-Crash, einem blitzartigen Kursrutsch auf dem Devisenparkett.

Es war kein einmaliges Ereignis. Ähnliche Kurssprünge waren in den letzten Wochen mehrfach zu beobachten. Sie wurden immer wieder mit menschlichem Versagen begründet. Dem berühmten «Fat Finger» etwa, der aus Versehen mit einer falschen Eingabe auf der Computertastatur einen falschen Trade auslöst. Solche Anekdoten sind unterhaltend, ihr Erklärungsgehalt aber bleibt mager. Fest steht hingegen, dass die geringere Liquidität an den asiatischen Finanzmärkten die Kursbewegungen akzentuiert. Denn die Kurskapriolen finden meistens dann statt, wenn die grossen amerikanischen und europäischen Märkte geschlossen sind. Einen langfristigen Effekt haben die Bewegungen aber nicht. Bis zur Börsenöffnung in London, Frankfurt und New York sind sie in den Kursen meistens nicht mehr ersichtlich.

Auch am vergangenen Montag waren die alten Kursniveaus schnell wiederhergestellt. Der Euro pendelte sich in der Region um 1.15 Franken und der Dollar auf Paritätsniveau bei plus/minus 1 Franken ein. Diese Wechselkursniveaus sind unserer Ansicht nach ziemlich robust, und wir rechnen für den Franken-Euro- und den Franken-Dollar-Wechselkurs mittelfristig mit Preisaktivitäten in engen Bandbreiten. Dies vor allem auch deshalb, weil die Schweizerische Nationalbank (SNB) weiterhin einer expansiven Geldpolitik verpflichtet ist. Erst langfristig – auf einen Zeithorizont von zwei Jahren und mehr – rechnen wir mit einem leicht stärkeren Franken.

Die letzten Wochen und Monate brachten für die Finanzmärkte eine Vielzahl neuer Impulse. Insbesondere politische Unsicherheiten bewegten die Kurse. In der Zwischenzeit stehen die politischen Traktanden zwar nicht mehr zuoberst auf der Hädleragenda. Aber die Fragestellungen rund um den Handelskrieg zwischen USA und China, den Brexit und die politischen Spannungen innerhalb Europas harren weiter einer endgültigen Lösung.

Bemerkenswert an der Entwicklung der letzten Wochen ist, dass diese geopolitischen Unsicherheiten die titelspezifischen Risiken stärker beeinflusst haben als volkswirtschaftliche Grössen wie Zinsniveaus oder eben die internationalen Devisenwechselkurse. So sind die Kursschwankungen der Aktien und Unternehmensanleihen ungleich heftiger ausgefallen als beispielsweise die Bewegungen der wichtigsten Wechselkurse. Während der Aktien-Volatilitätsindex VIX wiederholt auf hohen Werten notierte, sanken die Bandbreiten der Kursschwankungen beim Franken-Euro- und  Franken-Dollar-Wechselkurs zu Beginn des Jahres 2019 auf langjährige Tiefstwerte.

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