Zentralbanken und die Form der Zinskurven

In Staaten wie der Schweiz oder Japan kommt es seltener zum Phänomen einer inversen Zinskurve. Das spricht für die Glaubwürdigkeit ihrer Zentralbanken.

5. September 2022

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«Für die Zinsen bedeutet dies, dass die langfristigen Zinsen auf den Durchschnittswerten der letzten Jahre zwischen 3 und 5 Prozent verharren dürften.»

Eine spezielle Bedeutung kommt aktuell der Form der Zinskurven in den wichtigsten Volkswirtschaften dieser Welt zu. Nicht zuletzt aufgrund der jüngsten Kommentare des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell an der Zentralbanksitzung in Jackson Hole rechnen die Finanzmärkte mit einer Serie von Zinserhöhungen in der kurzen Frist. In der Folge gehen sie implizit davon aus, dass die Inflation über die Zeit unter Kontrolle gebracht werden kann und sich sogar zurückbildet.

Für die Zinsen bedeutet dies, dass die langfristigen Zinsen auf den Durchschnittswerten der letzten Jahre zwischen 3 und 5 Prozent verharren dürften. Die Folge dieser Entwicklung ist eine deutliche Verflachung der Zinskurve. In der Zwischenzeit sind die Zinsen mit kurzer Laufzeit sogar höher als die Langfristzinsen – damit ist die Zinskurve invers.

Es wird mit einer wirtschaftlichen Verlangsamung gerechnet

Für eine inverse Zinskurve gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze. Eine der gängigsten Ansichten ist jedoch, dass Marktteilnehmende als Folge einer wirtschaftlichen Verlangsamung auf lange Sicht mit deutlich fallenden Zinsen rechnen.

In der Vergangenheit stellt diese Entwicklung allerdings eine Ausnahme dar, da die Zinskurven aufgrund von Risiko- und Inflationsüberlegungen in der Regel eine positive und keine negative Steigung aufweisen. Bei einem Vergleich der Renditen von US-Staatspapieren mit einer Laufzeit von zwei, respektive zehn Jahren lässt sich festhalten, dass die USD-Zinskurve in diesem Jahrtausend erst zum dritten Mal invers geworden ist.

Diese Phasen waren denn auch zeitlich eng begrenzt. Einzig zum Ende der 70er und zu Beginn der 80er Jahre gab es längere Phasen mit einer inversen Zinskurve. Allerdings war zu jenen Zeiten das absolute Zinsniveau nie auch nur annähernd vergleichbar mit den aktuell weiterhin tiefen Zinsen.

Politik der Frankenstärke

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass es in Volkswirtschaften mit tiefem Zinsniveau, wie beispielsweise in Japan oder in der Schweiz, noch seltener eine inverse Zinskurve zu beobachten ist. In diesen Fällen zeichnen sich die Zinskurven im Mittel viel eher durch eine relativ grössere Steigung aus.

Es sind nicht zuletzt auch die längerfristig relativ tiefen Inflationsraten in diesen Volkswirtschaften, die für die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Zentralbanken sprechen. Diese ermöglicht typischerweise wiederum eine im internationalen Vergleich etwas expansivere Geldpolitik. Zumindest im Falle der Schweiz ist diese Glaubwürdigkeit der Zentralbank in der Vergangenheit einhergegangen mit einer Politik der Frankenstärke.

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