Stimmungsindikatoren: Die Finanzmärkte senden widersprüchliche Signale aus

Kontroverser wurde das wirtschaftliche Umfeld kaum je beurteilt. Die unterschiedlichen Positionen von Konsumenten und Firmenmanager werden sich aber wieder angleichen.

3. Juni 2022

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Verwirrende Signale: Angesichts der grossen Divergenz zwischen der Konsumenten- und der Unternehmensstimmung stellt sich die Frage, wer an der Börse den Takt vorgeben wird. Die schlecht gelaunten Konsumenten oder die optimisti-schen Unternehmerinnen und Unternehmer? (Bild: Adobe Stock)

Nach einem zwischenzeitlichen Aufbäumen der weltweiten Aktienmärkte zum Ende des ersten Quartals 2022 brachten die Monate April und Mai neue Kursverluste für Aktienanleger mit sich. Zu Beginn des Jahres führten in erster Linie die stark gestiegene Inflation, die daraus resultierenden geänderten Erwartungen zur zukünftigen Geldpolitik sowie die Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine zu erhöhter Nervosität bei Anlegern und Anlegerinnen.

In den letzten Wochen waren es in erster Linie Konjunktursorgen, die auf den internationalen Finanzmärkten lasteten. Es liegt in der Natur der Sache, dass dabei den beiden volkswirtschaftlichen Grössen der Inflation und der Arbeitslosigkeit ein besonderes (mediales) Augenmerk geschenkt wird. Bereits an anderer Stelle haben wir ausgeführt, dass dies auch die beiden für die Gesamtbevölkerung mit Abstand wichtigsten konjunkturellen Kenngrössen sind.

Bei der Interpretation dieser beiden Zahlenreihen darf aber nicht vergessen werden, dass Inflation vor allem aber auch die Arbeitslosigkeit erst zu einem verhältnismässig späten Zeitpunkt im Konjunkturzyklus neue Impulse erhalten und damit wohl einen positiven oder eben auch einen negativen konjunkturellen Trend verstärken können. Sie sind aber in der Regel schlechte Vorlaufindikatoren.

Schlechte Konsumentenstimmung

Dafür eignen sich in der Regel Stimmungsindikatoren in unterschiedlicher Form deutlich besser. Um einen frühen Hinweis über eine mögliche zukünftige Entwicklung der Wirtschaft zu erhalten, lohnt es sich deshalb mit verschiedenen Umfragen den Puls von Unternehmen und Konsumenten zu fühlen. Unser besonderes Augenmerk gilt deshalb einerseits sowohl der Unternehmensstimmung als auch andererseits der Konsumentenstimmung.

Dabei fällt schnell die stark unterschiedliche Stimmung zwischen Unternehmen und Konsumenten auf. Während die Einschätzung der Konsumenten angesichts gestiegener Preise, der damit einhergehenden Verluste bei den Realeinkommen und wohl auch der schockierenden Bilder aus der Ukraine stark negativ beeinflusst werden, verharrt die Stimmung der Unternehmen auf verhältnismässig hohen Niveaus. Die aktuellen Werte der Konsumentenstimmung stehen nahe ihrer historischen Tiefststände.

Lediglich zu Zeiten des Corona-Lockdowns konnten vorübergehend vergleichbar tiefe Werte beobachtet werden. Angesichts der weiterhin erfreulichen Situation bei den Bestellungen, sieht es bei den Unternehmen aktuell deutlich freundlicher aus. Selbstverständlich gibt es Unterschiede zwischen den Unternehmen und den einzelnen Branchen. In der Summe beurteilt das Gros der Unternehmen die aktuelle Wirtschaftssituation aber als recht konstruktiv.

Grafik PMI

Grafik Stimmungsindikatoren (in Punkten): Einkaufsmanager und Konsumenten beurteilen die Situation derzeit ganz unterschiedlich. (Quelle: Bloomberg, Grafik: HBL Asset Management)

Keine Situation von Bestand

In der Tat lässt sich festhalten, dass die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation zwischen Konsumenten und Unternehmen in den letzten Jahren qualitativ nie unterschiedlicher war. Eine Situation, die auf Dauer keinen Bestand haben dürfte. Eine Anpassung scheint vorprogrammiert. Angesichts der grossen Divergenz zwischen der Konsumentenund der Unternehmensstimmung stellt sich die Frage, wer Recht hat. Sind es die vorsichtigen Konsumenten oder sind es die deutlich positiveren Unternehmen?

Wie oft in solchen Fällen dürfte die Realität zwischen den beiden Extremwerten liegen. Aufgrund der konjunkturellen Unsicherheiten werden sich nicht alle Aufträge in den Büchern der Unternehmen realisieren lassen. Angesichts beständig steigender Preise stellt sich auch die Frage, zu welchen Konditionen die Unternehmen diese Aufträge angenommen haben. Bei den Konsumenten wiederum ist festzuhalten, dass der grösste Preisanstieg wohl hinter uns liegt.

Selbstverständlich wird das Preisniveau auch von den aktuellen Niveaus weiterhin ansteigen, aber die Zuwachsraten dürften deutlich tiefer ausfallen. Die resultierende Wachstumsdynamik definiert, wie stark die Zentralbanken die Zinsen anheben werden. Einiges deutet also daraufhin, dass sich in den kommenden Wochen ein klarer Wachstumstrend abzeichnen wird und sich zumindest ein Teil der Unsicherheit reduziert.

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