V wie Bullen-Vendetta
Aktieninvestoren mussten in den letzten anderthalb Jahren eine wahre Achterbahnfahrt über sich ergehen lassen. Das Auf und Ab ist selbst für erfahrene Börsianer ein anspruchsvoller Stresstest.
18. April 2019
Im Januar 2018 erreichte der MSCI World ein Allzeithoch, gefolgt von einer längeren Seitwärtsbewegung. Ab Oktober 2018 ging es dann aber mit den Börsen zügig in den Keller. Der Tiefpunkt Aktienbewertungen lag im Dezember 2018 rund 20 Prozent unter den Höchstkursen aus dem Januar des gleichen Jahres. Nur vier Monate später wiederum steht der Index wieder nahe seinem Allzeithoch und gut 20 Prozent über dem Tiefstkurs aus dem Dezember.
Die Gründe für die grosse und vor allem rasante Talfahrt, respektive die Argumente für die schnelle und sehr dynamische Börsenrally stellen wir an dieser Stelle für einmal in den Hintergrund. Was uns viel spannender erscheint, ist die Psychologie der Marktteilnehmer. Die Börsenkorrektur hatte die Form eines Vs: schneller Kurszerfall gefolgt von einem prononcierten Kursanstieg. Es war gleichsam die Vendetta oder Rache der Kursbullen an den Bären und deren Prognosen. Aber lassen sich daraus auch Schlüsse für den weiteren Kursverlauf an den Börsen ableiten?
Eine fast zwanzigprozentige Korrektur an den Aktienmärkten innert verhältnismässig kurzer Zeit ist selbst für erfahrene Börsianer ein sehr anspruchsvoller Stresstest. Durchhalteparolen auf täglicher Basis wirken denn auch zunehmend befremdlich und eigentlich vernünftige Argumente werden oftmals vom erhöhten Pulsschlag übertönt. Erinnerungen an vergangene Finanzkrisen werden wach, alles sucht nach vergleichbaren Handelsmustern und die Prognosen der „Bären“ an den Börsen werden immer düsterer – und lauter.
Der scharfe Kurszerfall im letzten Quartal 2018 ist ein gutes Beispiel für dieses Verhalten. Immer mehr Investoren warfen in den letzten Wochen des Jahres 2018 das Handtuch und reduzierten voreilig das Risiko oder schlossen Aktienpositionen ganz. Akzentuiert wurde diese Entwicklung zum Jahresende auf einer immer geringeren Markt-Liquidität – ein explosiverer Cocktail. Ganz schlimm traf es diejenigen Fondsmanager, die bei ihrer Anlagestrategie langfristige Trends berücksichtigen. Erst spät wurden die Aktienpositionen gekürzt und auch die Signale zum Wiedereinstieg kommen verspätet. Ein guter Gradmesser um dieses Argument zu bekräftigen sind Bewegungen der Neugelder bei den ETF’s. Hier führte die schlechte Anlegerstimmung im letzten Dezember zu einem neuen Rekord bei den Abflüssen.
Vor dem Hintergrund dieser Kursentwicklungen ist denn auch die Situation im April 2019 äusserst spannend. Die Wirtschaft hellt sich merklich auf (China). Die Resultate der Unternehmen für das erste Quartal 2019 sind überwiegend gut bis sehr gut - in der Schweiz trifft dies insbesondere bei den klein- und mittel-kapitalisierten Unternehmen zu. Die Zentralbanken haben die geldpolitischen Rahmenbedingungen gelockert oder zumindest die Erwartungen für Zinserhöhungen gedämpft.
Dem Pessimismus folgt nun der Unglaube über den Optimismus – aber eben noch nicht die Überzeugung wieder in die Märkte einsteigen zu können. Das Resultat ist ein Gesamtmarkt mit einem satten Plus von über 15 Prozent aber mit einer überwältigenden Mehrzahl an Investoren, die bei Aktien klar unterinvestiert sind. Aufgrund dieser Konstellation erwarten wir nur geringe und kurze Rückschläge an den Börsen für die nächsten Monate. Korrekturen dürften schnell zu einem Einstieg genutzt werden und in der Folge rechnen wir mit einem weiteren wohl aber etwas moderateren Anstieg bei den Aktienkursen.
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