Das Märchen von den seltenen Erden
Wussten Sie, dass seltene Erden gar nicht so selten sind? China als weltweit grösster Förderer, dürfte sich deshalb aus Eigeninteresse davor hüten, das Angebot langfristig zu verknappen. Kurzfristig allerdings dürften diese Rohmaterialien durchaus als Druckmittel im Handelskonflikt mit den USA in die Waagschale geworfen werden.
5. Juni 2019
Seltene Erden sind in unserem modernen Alltag unverzichtbar. So werden 17 Elemente bezeichnet, die wertvolle Eigenschaften für die Herstellung unzähliger Produkte und Anwendungen vorab im Technologiebereich haben. Sie kommen unter anderem in Smartphones, Flachbildschirmen, Kameras aber auch beispielsweise in Raketen oder Elektroautos zum Einsatz.
Entgegen ihrer Bezeichnung und der landläufigen Meinung sind diese meist den Metallen zuzuordnenden Erden aber gar nicht so selten. So verfügen Länder wie Brasilien, Australien, Vietnam, Indien oder Japan über grosse Vorkommen. Deren Gewinnung im Tagebau-Verfahren ist allerdings mit viel Aufwand, Chemikalien und entsprechend hoher Umweltbelastung verbunden. Bis in die 90er Jahre des letzten Jahrtausends waren die USA selbst weltweit grösster Produzent der seltenen Metalle.
Dann kam China. Aufgrund der relativ guten Zugänglichkeit der Vorkommen im Reich der Mitte, niedriger Löhne sowie den eher laschen Umweltauflagen haben die Produzenten der Volksrepublik die Konkurrenz durch anhaltend tiefe Preise weitestgehend aus dem Markt gedrückt. Schätzungen zufolge werden mittlerweile rund 90% der weltweiten Nachfrage an seltenen Erden aus chinesischem Abbau gedeckt. Kein Wunder also, wird diese dominante Marktstellung gerne als „Chinesische Geheimwaffe“ im Handelskonflikt mit den USA bezeichnet. Sollte China tatsächlich Drohungen wahr machen und das Angebot der seltenen Erden künstlich verknappen, hätte dies zweifelsohne weitreichende Folgen. Wer allerdings genauer hinschaut, dürfte zumindest bezweifeln, ob dies die Position Chinas im Handelskonflikt tatsächlich nachhaltig verbessert.
Denn es wäre falsch zu behaupten, die Amerikaner seien der wichtigste Abnehmer der seltenen Erden. Nur rund 5% der von China geförderten seltenen Erden entfallen auf direkte Exporte in die USA. Vielmehr kaufen Letztere bereits durch zahlreiche, meistens im Asiatischen Raum beheimatete, Zwischenhändler verarbeitete Produkte ein. Zudem würden sich die USA und weitere Abnehmer mittelfristig auf andere Art und Weise am Markt versorgen. China hatte bereits 2010 im Streit mit Japan um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer versucht, das weltweite Angebot zu drosseln. Mit mässigem Erfolg. Japan finanzierte damals die Förderung seltener Erden in Australien und ist inzwischen nicht mehr auf Lieferanten aus China angewiesen. Bereits wird an Verfahren gearbeitet, um in den Weltmeeren lagernde Vorkommen kommerziell zu fördern. Eine Blockade Chinas würde diesem Vorhaben wohl noch zusätzlichen Schub verleihen.
Aus diesem Grund gehen wir davon aus, dass China das Druckmittel seltene Erden wenn überhaupt nur sehr dosiert einsetzen wird. Zu viel steht wirtschaftlich für sie selbst auf dem Spiel. Dementsprechend blicken wir der neuerlichen Eskalation im Handelskonflikt eher gelassen entgegen. Hunde, die bellen, beissen nicht.
Themen
RohstoffeArtikel teilen
3. Oktober 2024
«Ein Emergency Cut, der nicht angezeigt war»
Die US-Notenbank Fed vollzog mit der Zinssenkung um ganze 50 Basispunkte im September 2024 einen «Emergency Cut», der eigentlich gar nicht angezeigt gewesen wäre. Die Märkte reagierten gnädig und erhalten nun auch noch Unterstützung von der Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank, die allerdings mit der Liquiditätsverknappung gleichzeitig die Konjunkturentwicklung auch wieder in Schach hält.
Abonnieren Sie #hblasset
Bleiben Sie auf dem Laufenden und abonnieren Sie kostenlos unseren #hblasset Anlageservice für private Investor:innen digital per E-Mail oder als Magazin per Post.