Wieso Investoren von tiefen Realzinsen profitieren, Sparer dagegen nicht

Die zu Beginn von 2022 rekordtiefe Realverzinsung ist einzigartig in der Geschichte. Eine Normalisierung mit positiven Werten ist in weite Ferne gerückt.

6. Januar 2022

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Tiefe Realzinsen als Herausforderung: «In welchem Ausmass eine solche Situation zu Überkapazitäten führt, wird erst die Zukunft weisen.»

Eine aus historischer Sicht besondere Situation hat sich in den letzten Wochen und Monaten an den Finanzmärkten bei den Zinsen ergeben. Zwar sind die Zinsen in vielen Volkswirtschaften rund um den Globus angestiegen. Aber die Inflationsraten haben noch stärker zugelegt. Die Folge sind in der Geschichte einzigartig tiefe Realzinsen. Dies gilt für die USA, für Europa aber auch für die Schweiz.

Zwar dürfte sich gerade die aussergewöhnliche Situation bei der Realverzinsung – also der Differenz zwischen tiefem Zinsniveau und hohen Inflationsraten – in den kommenden Monaten bis zu einem gewissen Grad relativieren. Trotzdem ist bis auf weiteres mit tiefen Werten dieser wirtschaflich zentralen Grösse zu rechnen. So ist beispielsweise in der Schweiz ein leichter Anstieg der langfristigen Zinsen gemessen anhand der Renditen für zehnjährige Staatsanleihen möglich und auch bei der Jahresinflationsrate dürften die höchsten Werte zu Beginn des Jahres 2022 ausgewiesen werden.

Weit entfernt von der Norm

Allerdings ist eine positive Realverzinsung noch in weiter Ferne. Noch unwahrscheinlicher ist ein Anstieg dieser Grösse auf ein Niveau von 1 Prozent und damit auf einen Wert, der noch vor rund fünf Jahren auch in der Schweiz die Norm darstellte. Es lässt sich damit festhalten, dass eine negative Realverzinsung den Investoren in die Karten spielt, während sie für Sparer eine grosse Herausforderung darstellt. Dies gilt für die privaten Haushalte, die Unternehmen und den Staat gleichermassen.

Für ein Unternehmen lässt sich argumentieren, dass ein Investitionsprojekt nur eine geringe positive Rendite abwerfen muss, damit es aus wirtschaftlicher Sicht realisiert werden kann. In welchem Ausmass eine solche Situation zu Überkapazitäten führt, wird erst die Zukunft weisen. Ähnliches lässt sich auch für Immobilienprojekte etc. festhalten. Für den Staat bedeutet die aktuelle Entwicklung bei den Zinsmärkten, dass seine Staatsausgaben günstig refinanziert werden können, während sich die Staatseinnahmen beispielsweise über die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer beständig erhöhen.

Schulden weginflationieren

Die Staatsfinanzen entwickeln sich unter diesen Umständen erfreulich. Je stärker negativ die Realverzinsung, desto besser für den jeweiligen Staat. In diesem Sinne soll noch einmal auf das Beispiel USA hingewiesen werden. Einem Zins für zehnjährige USD-Staatsanleihen von rund 1,5 Prozent steht eine Inflation von etwa 6 Prozent gegenüber. Etwas salopp ausgedrückt bedeutet dies, dass sich die Staatsverschuldung jedes Jahr um rund 4,5 Prozent reduziert. Eine Entwicklung, die insbesondere Investoren in Staatsanleihen wenig freuen dürfte. Von Unternehmen aber dürfte man grossmehrheitlich erwarten, dass sie mit ihren Geschäftsmodellen höhere Inflation kompensieren können.

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