Inflation und Basiseffekt – die Meisten sind sich darüber nicht im Klaren
Wenn die Preise kurzfristig steigen, bleibt die Inflation wegen des Basiseffekts ein Jahr lang hoch. Danach geht sie wieder zurück. Auch 2023 war das wieder zu beobachten.
29. November 2023
Zum Ende des Jahres 2023 bleibt die Inflation ein dominierendes Thema für Investor:innen und Unternehmen. Bei der Beurteilung der derzeit rückläufigen Inflationsraten ist es wichtig, erneut auf die zentrale Bedeutung des Basiseffekts hinzuweisen. Dieses einfache, statistische Phänomen besagt, dass ein kurzfristiger Preisanstieg die Inflationsraten für etwa ein Jahr positiv beeinflusst. Nach diesem Zeitraum hat dieser Anstieg jedoch keinen Einfluss mehr auf die Berechnung der Jahreswachstumsrate und somit auf die Inflation. Die Inflation sinkt in der Folge, aber die absoluten Preise bilden sich nicht unbedingt zurück, beziehungsweise sie steigen einfach nicht mehr mit derselben Dynamik.
Für Zentralbanken, die im Allgemeinen eine Inflationsrate von rund 2 Prozent anstreben, bedeutet dies, dass die Argumente für eine restriktive Geldpolitik erodieren. Auch 2023 ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Während monatlich sinkende Inflationszahlen in den wichtigsten Volkswirtschaften publiziert werden, mehren sich an den internationalen Finanzmärkten bereits die Stimmen, die Zinssatzsenkungen seitens der Zentralbanken fordern. Diese Stimmen geben möglicherweise technischen Faktoren (zu) viel Gewicht. Dennoch gibt es weiterhin Faktoren, die für erhöhten Preisdruck sorgen, insbesondere die einmal jährlich festgelegten Preise für staatlich angebotene Leistungen, andere Dienstleistungen und Mieten. Kommt hinzu, dass Inflationsraten neben der Arbeitslosigkeit von Frau und Herr Schweizer in der Regel als grösstes wirtschaftliches Übel angesehen werden. Warum sind Zentralbanken jedoch bereit, Inflationsraten von bis zu 2 Prozent zu tolerieren?
Einerseits lässt sich feststellen, dass die Rückführung der Inflation auf 0 Prozent oft nur mit drastischen geldpolitischen Massnahmen möglich ist. Andererseits ist die Inflationsmessung selbst oft mit Unsicherheiten behaftet. Fragen nach dem repräsentativen Warenkorb und dem Einbezug von technischem Fortschritt lassen sich in der Regel nicht genau quantifizieren. Pragmatisch betrachtet ist das Wohlbefinden von Unternehmen, Investor:innen und Arbeitnehmer:innen bei leichter Inflation oft besser. Unternehmen können bei leichter Inflation leichter Gewinne erzielen, Investor:innen haben bessere Chancen, Renditen zu generieren, und Arbeitnehmer:innen können unter diesen Umständen oft mit Lohnerhöhungen rechnen.
Ob aber letztendlich für die einzelnen Anspruchsgruppen effektiv etwas hängen bleibt, liegt zentral im Verhältnis zur effektiv gemessenen Inflation. Bei hoher Inflation kann denn auch eine nominale Lohnerhöhung in einem Reallohnverlust enden. Da die Gesellschaft aber in nominalen Grössenordnungen denkt, sind auch diese Verluste einfacher zu ertragen.
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