Heftige Turbulenzen an den internationalen Zinsmärkten

Die Unsicherheit der Marktteilnehmenden über die zukünftige Zinsentwicklung hat aktuell ein Niveau erreicht, wie dies in den letzten Jahren nur selten beobachtet werden konnte.

28. Juli 2022

Titelbild

Die heftigen Turbulenzen an den internationalen Zinsmärkten haben auch zu Beginn des zweiten Halbjahres 2022 angehalten. Nachdem die Bewegung für das globale Zinsgefüge bis weit in den Monat Juni beinahe nur die Richtung nach oben kannte, hat in den letzten Wochen eine Gegenbewegung eingesetzt. Am Ursprung dieser Entwicklung stehen wie so oft die Finanzmärkte in den USA.

Nach dem die Renditen für 10-jährige US-Staatsanleihen noch Mitte Juni nahe der Marke von 3.5% handelten, sind die Zinsen für diese Anleihen innert etwas mehr als einem Monat auf Werte von unter 2.8% gesunken. Drastische Zinserhöhungen durch die US-Fed in Kombination mit hoher Inflation setzen der US-Konjunktur und insbesondere den US-Konsumenten zunehmend zu. Die wichtigsten Wirtschaftsindikatoren sind in der Folge stark rückläufig und erfassen nach dem Immobiliensektor immer weitere Bereiche der US-Konjunktur. Die Möglichkeit einer Rezession ist deshalb nicht mehr von der Hand zu weisen. Sinkende Zinsen am langen Ende der US-Zinskurve reflektieren diese Wirtschaftslage. Die CHF-Zinsen können sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Auch hier hat der 10-jährige Saron-Satz Ende Juni mit 2% einen der höchsten Werte seiner zugegebenermassen noch kurzen Geschichte erreicht. Vergleichbare Werte wurden letztmals vorübergehend in der ersten Hälfte des Jahres 2011 beobachtet. Innert weniger Wochen ist auch hier der Satz wieder um rund einen Drittel auf 1.35% abgesunken.

Unsicherheit Zinsentwicklung

Auch wenn die aktuellen Zinsbewegungen gut mit wirtschaftlichen Argumenten begründet werden können, lässt sich auch festhalten, dass gemessen an der Volatilität der Zinsen die Unsicherheit der Marktteilnehmenden über deren zukünftige Entwicklung aktuell ein Niveau erreicht hat, wie dies in den letzten Jahren nur selten beobachtet werden konnte. Es ist ebenfalls festzuhalten, dass die Aktivitäten der verschiedenen Zentralbanken in den letzten Monaten wenig dazu beigetragen haben, für Entspannung an den Zinsmärkten zu sorgen.

Bemerkenswerte Niveaus

Auch nach den jüngsten Bewegungen der Zinsen verharren verschiedene Kernoder Referenzgrössen für die Zinsentwicklung auf bemerkenswerten Niveaus. So ist beispielsweise die CHF-Realverzinsung, die Zinsen und Inflation in Beziehung zueinander bringt, noch einmal auf neue Tiefststände abgesackt. Die aktuellen Niveaus sind denn auch volkswirtschaftlich nur schwer zu rechtfertigen. Wir rechnen deshalb nicht damit, dass sie Bestand haben werden. Viel eher sind sie ihrerseits ein Grund für die anhaltende Nervosität vieler Finanzmarktakteure sowohl auf der Seite der Anleger als auch auf der Finanzierungsseite.

Die Frage stellt sich, ob und in welchem Ausmass sich die Inflation in den kommenden Wochen zurückbilden wird, respektive ob es zu einem weiteren deutlichen Anstieg der Zinsen kommen muss, damit die Realverzinsung wieder auf wirtschaftlich vertretbare Niveaus gehievt wird. Zumindest die jüngsten Konjunktursignale aus den USA lassen das erstere Szenario als das wahrscheinlichere erscheinen. Die Unsicherheit bleibt aber hoch. Deutlich geringere Bewegungen stellen wir aktuell bei den Risikokomponenten von Obligationenanlagen fest. Auch wenn die beschriebenen Konjunktursorgen auch hier zu höheren Prämien und damit zu sinkenden Kursen geführt haben, konnten sich diese in der jüngsten Vergangenheit stabilisieren. In unseren Augen kompensieren die aktuellen Zinsen weiterhin nur ungenügend die anhaltende Unsicherheit in dieser Anlageklasse. Wir ziehen andere Anlagen im Bereich der Aktien und der alternativen Anlagen vor.

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