Trump und Fed im Clinch – Zinssenkung wird wahrscheinlicher

In Jackson Hole werden die Weichen fürs zweite Halbjahr gestellt. Das wahrscheinlichste Szenario sind einige wenige Zinssenkungen.

27. August 2025

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Angesichts der ausgeprägten Differenzen zwischen der aktuellen Führung der Fed unter Jerome Powell und Präsident Trump ist die gegenwärtige Situation besonders brisant. (Bild: Sora KI)

Während in der Schweiz die Sommerferien im August zu Ende gegangen sind, trifft dies für Europa und die angelsächsisch geprägte Welt nicht zu. So kehren Südeuropa, England und vor allem die USA erst mit dem Beginn des Monats September zur Arbeit zurück. Gerade hier sind die letzten beiden Ferienwochen durch die Abwesenheit vieler Marktteilnehmden geprägt. In diese Zeit fällt wie jedes Jahr die Jackson-Hole-Konferenz der Federal Reserve Bank von Kansas City.

Bevor sich die Finanzmärkte und deren Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufmachen, die letzten Monate des laufenden Jahres in Angriff zu nehmen, treffen sich im beschaulichen Wyoming die wichtigsten geldpolitischen Vertreter der grossen Zentralbanken und tauschen sich über ihre Einschätzung zum Stand der Weltwirtschaft respektive der gegebenenfalls notwendigen geldpolitischen Impulse aus.

Grafik Leitzinsen

Entwicklung der Leitzinsen weltweit (in Prozent): Im Vergleich mit anderen Industrienationen notieren die US-Leitzinsen auf hohem Niveau. (Quelle: Bloomberg/Grafik: HBL Asset Management; Daten per 22.08.2025)

Kurzfristige Massnahmen sind kontraproduktiv

Dabei ist hervorzuheben, dass in den Augen der meisten Zentralbankvertreter Geldpolitik in langfristigen Zyklen und mit einer entsprechend mehrmonatigen Optik umgesetzt werden sollte. Kurzfristige Reaktionen auf einzelne wirtschaftliche oder politische Impulse sollten in den Augen der grossen Mehrheit der Währungshüter keinen Einfluss haben. Im Gegenteil: Sie beurteilen entsprechende Massnahmen als hochgradig kontraproduktiv.

Halbjährlich wird also die geldpolitische Marschroute definiert. Aufgrund der anhaltenden wirtschaftlichen Verbindung, nicht zuletzt über die internationalen Finanzmärkte, überrascht es nicht, dass sich dabei die Vertreter der verschiedenen grossen Zentralbanken bis zu einem gewissen Grad beeinflussen und absprechen. Während diese geldpolitische Koordinationsfunktion im ersten Halbjahr eines jeden Jahres dem Frühlingstreffen der Weltbank und des IWF in Washington zukommt, fällt sie zu Beginn des zweiten Halbjahres auf die Jackson-Hole-Konferenz.

Aufgeheizte Debatte

Angesichts der ausgeprägten Differenzen zwischen der aktuellen Führung der Fed unter Jerome Powell und Präsident Trump ist die gegenwärtige Situation besonders brisant. Mit allen Mitteln – in der Regierung Trump sind es vor allem auch persönliche Diffamierungen – versucht dabei Präsident Trump eine expansivere Geldpolitik durchzusetzen.

Den Versuchen der politischen Einflussnahme tritt der Fed-Vorsitzende Powell vehement und manchmal etwas trotzig entgegen. In dieser politisch aufgeheizten Debatte und angesichts der Bedeutung der geldpolitischen Impulse für den Gang der Weltwirtschaft macht es Sinn, einen Schritt zurückzumachen und die Faktenlage ohne politisches Brimborium zu betrachten.

Tatsache ist, dass die Zinsen in den USA weiter auf verhältnismässig hohen Niveaus verharren. Dies gilt gleichermassen für die langfristigen Zinsen des Kapitalmarktes als auch für die kurzfristigen Geldmarktzinsen. So sind die US-Leitzinsen mit 4,5 Prozent wohl weiterhin in der Nähe des wachstumsneutralen Bereichs. Dieser setzt sich für die USA grob gesagt aus dem Inflationsziel von 2 Prozent und einem langjährigen realen Trendwachstum von 2,5 bis 3 Prozent zusammen.

Tiefe Zinsen beleben Wirtschaft – oder Inflation

Während selbstverständlich die vom Markt definierten Kapitalmarktzinsen für die Bestimmung der Obligationenrenditen aber auch für die Hypothekarverzinsung besonders relevant sind, liegt es auf der Hand, dass auch die von der Fed bestimmten Geldmarktzinsen einen Einfluss auf die langfristigen USD-Zinsen haben.

Für die geldpolitische Entscheidung der US-Fed und die Schlüsse der Finanzmarktteilnehmer gilt es jetzt zu beurteilen, wie stark oder schwach der Zustand der US-Wirtschaft ist. Bei unterdurchschnittlichem Wirtschaftswachstum können Zinssatzsenkungen für positive Impulse sorgen. Bei gutem Gang der Wirtschaft besteht aber auch die Möglichkeit für höhere Inflationserwartungen und damit auch steigende Zinsen am langen Ende der Dollar-Zinskurve.

Zwischen diesen beiden Szenarien gilt es für die US-Fed sich sorgfältig und langfristig zu positionieren. Mit Sicherheit lässt sich dabei festhalten, dass sich die US-Wirtschaft und insbesondere deren Arbeitsmarkt bemerkenswert robust darstellen. Seit rund anderthalb Jahren bewegt sich die Arbeitslosenquote bei rund 4 Prozent seitwärts. Dies ist auch im langfristigen Vergleich ein ordentlicher Wert. Zeichen der Schwäche sind bestenfalls in einzelnen Sub-Indikatoren festzustellen.

Handlungsbedarf ist begrenzt

Gleichzeitig sind die Inflationsraten in der Nähe des langfristigen Inflationsziels von 2 Prozent. Seitens der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist der geldpolitische Handlungsbedarf also begrenzt. Die Frage ist also wie weit die US-Fed die aktuelle Situation ausreizen möchte, besteht doch insbesondere aufgrund der technischen Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz die Möglichkeit, dass sich diese über die Zeit auf den Arbeitsmarkt auswirken und auch nachhaltig das Trendwachstum erhöhen.

Demgegenüber stehen die politischen Massnahmen der Administration, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über kurz oder lang zu höherer Inflation führen dürften. Im Für und Wider dieser Positionen sind die Finanzmarktteilnehmenden zum Schluss gekommen, dass das wahrscheinlichste Szenario einige wenige Zinssatzsenkungen in den USA sein werden.

Im Zuge dieser expansiveren Geldpolitik dürften auch die EZB und je nach Auswirkung auf den Aussenwert des CHF auch die SNB die Zinsen bis zum Jahresende weiter senken. Wie immer zu Zeiten, in denen wir uns den Tiefpunkten beim Zinszyklus annähern, steigt aber die Unsicherheit über weitere Zinssenkungen. Dies gilt im gleichen Masse für die US-Fed, die EZB aber auch die SNB.

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