Börsenausblick 2022: Die Kursrally an den Aktienmärkten ist noch nicht zu Ende

Das grösste Risiko geht von unerwartet hohem Wirtschaftswachstum aus. Aber mit der bereits 2021 erfolgten geldpolitischen Weichenstellung fällt eine grosse Unsicherheit weg.

6. Januar 2022

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Die US-Börse im Blick: Den letzten Zinsentscheid der US-Notenbank Fed haben die Finanzmärkte mit grosser Erleichterung aufgenommen. (Bild: Adobe Stock)

Das Jahr 2021 hat sich mit Stil verabschiedet. Es bescherte vielen Volkswirtschaften ein Rekordwachstum. In der Folge haben sich auch die Beschäftigungszahlen durchs Band verbessert. Es überrascht daher wenig, dass Aktien im vergangenen Jahr solide Kursgewinne erzielt haben.

Am Anfang des neuen Jahres stellt sich nun aber die Frage, ob grundsätzlich neue Entwicklungen für die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte zu erwarten sind. Wer von den täglichen Wasserstandsmeldungen zu Corona-Fallzahlen oder den verschiedenen Anekdoten zu höheren Preisen absieht, stellt fest, dass sich die Wirtschaft auch zu Jahresbeginn auf stabilem Wachstumskurs befindet.

Zinsanstieg und höhere Aktienkurse

Die erfreuliche Situation auf den Arbeitsmärkten weltweit und die historisch tiefe Realverzinsung befeuern denn auch die solide Nachfrage nach Konsumgütern und die Investitionen gleichermassen. Ein anhaltendes Wirtschaftswachstum ist deshalb das Hauptszenario der meisten Marktbeobachter.

Allerdings dürfte nach der erfreulichen konjunkturellen Entwicklung der letzten Quartale das Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten nicht mehr gleich stark ausfallen wie zuletzt. Sollte sich dies bewahrheiten, ist an den Finanzmärkten mit einer Fortführung der Trends der letzten Wochen in wohl abgeschwächtem Masse zu rechnen. Ein leichter Zinsanstieg und höhere Aktienkurse wären die Konsequenz. Wo aber liegen die Risiken?

Auf die Gefahr hin, die Zusammenhänge allzu stark zu vereinfachen, sind zwei Szenarien wahrscheinlich: Entweder die Wirtschaft wächst schneller als erwartet oder sie wächst weniger schnell als angenommen. Für einen regelrechten Einbruch bräuchte es aber schon eine richtige Schockwirkung bei einem oder mehreren der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden oder Kapital.

Solche Ereignisse können aber nur sehr schwer oder gar nicht vorhergesagt werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt deutet jedenfalls wenig daraufhin, dass es in diesen Bereichen zu grössere Verwerfungen kommen könnte. So wird nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit den inflationären Tendenzen bei den natürlichen Ressourcen von vielen Beobachtern eine Normalisierung der Situation erwartet.

Das heisst nicht, dass eine Überbeanspruchung der Produktionsfaktoren gänzlich ausgeschlossen werden kann. Aber das Inflationsthema ist bereits auf dem Radarschirm der Zentralbanken und sie können mit ihrer Geldpolitik darauf reagieren. Daher ist die Gefahr, dass sich daraus echte und nachhaltige Probleme für die Weltwirtschaft ergeben können, eher als gering einzustufen.

Liquidität gegen Krisensituationen

Ein heftiger Wachstumseinbruch im neuen Jahr ist also unwahrscheinlich. Sollte es dennoch dazu kommen, haben uns die letzten Jahre gelehrt, dass die offiziellen Stellen unter der Führung der Zentralbanken alles versuchen werden, um die Versorgung der Wirtschaft mit dem Schmiermittel Geld in ausreichendem Masse sicherzustellen. Die Notenbanken haben auch weiterhin die Möglichkeit, mit unkonventionellen Massnahmen für zusätzliche Liquidität an den Finanzmärkten zu sorgen und diese zu stabilisieren.

Deshalb ist das Risikoszenario mit der grösseren Wahrscheinlichkeit in unseren Augen eine überraschend stark wachsende Weltwirtschaft. Die bereits angesprochene Verknappung der Produktionsfaktoren und höhere Preise wären die Folge. Auch unter diesen Voraussetzungen spielen die verschiedenen Zentralbanken rund um den Globus eine wichtige Rolle. Es ist ihre Aufgabe zu beurteilen, in welchem Masse und mit welchen Mitteln sie die Liquidität zurückführen müssen, damit das Wirtschaftswachstum im Rahmen seines langfristigen Trends auch nachhaltig aufrechterhalten werden kann.

Die Finanzmärkte haben denn auch mit grosser Erleichterung den in den letzten Monaten von 2021 zu beobachtenden Gesinnungswandel der Zentralbanken zur Kenntnis genommen. Entsprechend der Börsentwicklung der letzten Jahrzehnte lässt sich festhalten, dass die Unsicherheit an den Finanzmärkten bis zur ersten Entscheidung der Rückführung der Zentralbankbilanz besonders gross ist. Mit dem Entscheid, die Anleihenskäufe zu reduzieren (sog. Tapering), hat die US-Notenbank hier aber schon im vergangenen Jahr Klarheit geschaffen. Die grösste Unsicherheit für 2022 ist damit eigentlich schon weggefallen.

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