Die USA – Das Land der begrenzten Möglichkeiten
Die überraschende Ankündigung drastischer US-Zölle auf Schweizer Importe trifft Bern unvorbereitet – und wirft Fragen nach der Verhältnismässigkeit auf.
4. August 2025

Mit der jüngsten Ankündigung neuer US-Importzölle auf Güter aus der Schweiz sorgte US-Präsident Trump für lange Gesichter in der Schweiz. Der angekündigte Satz von 39 Prozent ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: Als eine der wenigen Volkswirtschaften weltweit sieht sich die Schweiz mit einem noch höheren Zollsatz konfrontiert, als er am sogenannten Liberation Day vom 2. April 2025 in Aussicht gestellt wurde. Damals war noch von 31 Prozent die Rede.
Dass ein solcher Wert wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist, steht ausser Zweifel:
1.) Er berücksichtigt weder die Grössenunterschiede der beiden Volkswirtschaften – 9 Millionen Schweizer können niemals so viel konsumieren wie rund 350 Millionen US-Amerikaner –
2.) noch wird der Überschuss bei den Schweizer Güterexporten mit dem deutlichen Defizit bei Dienstleistungen gegenüber den USA verrechnet.
Wer diese beiden Punkte in der Debatte ignoriert, ist kaum an einer sachlichen Lösung interessiert.
Zudem konzentriert sich der Schweizer Exportüberschuss gegenüber den USA auf wenige Branchen: allen voran Pharmazeutika, in geringerem Masse Edelmetalle und Wertsachen. Während die Pharmaprodukte – paradoxerweise – vorerst von den neuen Zöllen ausgenommen sind und daher sogar weiter zulegen könnten, fungiert die Schweiz bei Gold und ähnlichen Gütern in weiten Teilen lediglich als Zwischenhändler.
Wie dem auch sei – die Fakten sind geschaffen. Stand Montagmorgen, 4. August, treten die Zölle auf Importe aus der Schweiz am 7. August 2025 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt und wohl auch darüber hinaus wird seitens der Schweiz an einer Verbesserung dieser Ausgangslage gearbeitet. Kurzfristige Anpassungen können sich ergeben, sie sind aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht absehbar.
Umgekehrt bedeutet dies auch: Die neuen Zölle treffen nur eine begrenzte Anzahl Schweizer Exporteure direkt. Natürlich wird das die konjunkturelle Entwicklung auch in der Schweiz belasten, doch die negativen Effekte dürften sich in Grenzen halten und auf vergleichsweise wenige Anbieter konzentrieren.
Neben den erwähnten Pharmakonzernen betrifft es vor allem Hersteller von Luxusgütern des privaten Konsums sowie einzelne hochspezialisierte Unternehmen im Maschinenbau. Viele dieser Firmen werden mittelfristig ihre Wertschöpfungsketten anpassen – insbesondere in Bezug auf ihre US-Kunden. Schon jetzt ist klar: Die Mehrheit der börsenkotierten Schweizer Unternehmen verfügt über Produktionsstandorte in den USA, die ausgebaut werden könnten. Auch eine Verlagerung bestimmter Leistungen in europäische Länder mit geringeren US-Zöllen ist prüfenswert. Nicht zuletzt ist die Grenze zwischen dem Verkauf von Gütern und der Erbringung von Dienstleistungen – etwa durch Wartungsverträge – fliessend.
Unter dem Strich gilt es, diese unerfreulichen Entwicklungen mit kühlem Kopf und der nötigen Distanz zu bewerten – besonders aus Sicht von Investoren. Die Auswirkungen auf Aktienanlagen dürften geringer ausfallen als zunächst befürchtet. Viel wichtiger: Mit dem Entscheid endet eine Phase der Unsicherheit – negative Effekte sind nun kalkulierbar und könnten zu einer einmaligen Neubewertung führen.
Entscheidend bleibt in diesem Umfeld eine sorgfältige Diversifikation – über Sektoren hinweg und insbesondere über eine grössere Anzahl von Unternehmen. In der aktuellen Lage legen wir besonderes Augenmerk auf die grossen Schweizer Pharmawerte. Aufgrund der anhaltenden Unsicherheit bleiben wir gegenüber dem Vergleichsindex in diesen Titeln systematisch untergewichtet. Einen nur geringen Einfluss der US-Zölle erwarten wir auch auf den Schweizer Franken und die CHF-Zinskurve.
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